
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban muss womöglich mit 7,5 Milliarden Euro weniger planen.© dpa / Darko Vojinovic/AP/dpa/Von Momir Takac
Trotz Anti-Korruptions-Maßnahmen: EU will Ungarn 7,5 Milliarden Euro streichen
Brüssel,-Ungarn droht trotz eingeleiteter Maßnahmen gegen Korruption der Verlust von mehreren Milliarden Euro. Nach einer Prüfung seien Experten der EU-Kommission zu dem Schluss gekommen, dass die von der Regierung Viktor Orban veranlassten Maßnahmen gegen missbräuchliche Verwendung von EU-Geldern nicht ausreichend seien, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch.
Ungarn droht Verlust von 7,5 Milliarden Euro
Das von der Kommission in die Wege geleitete Verfahren zum Einfrieren von Geldern werde fortgesetzt. Den anderen Mitgliedstaaten werde vorgeschlagen, Ungarn rund 7,5 Milliarden Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt zurückzuhalten.
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Eine entsprechende Empfehlung wird den Planungen zufolge in der kommenden Woche von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den 26 anderen Kommissionsmitgliedern beschlossen werden. Sie könnte dann Anfang Dezember bei einem Treffen der Finanzminister der EU-Staaten angenommen werden.
Ungarn könnte viele EU-Entscheidungen blockieren
Notwendig wäre dabei allerdings eine qualifizierte Mehrheit – das heißt mindestens 15 der 27 EU-Staaten müssten zustimmen und diese müssten zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.
Mit Spannung werden die weiteren Entwicklungen vor allem deswegen erwartet, weil Ungarn erhebliche Mittel in der Hand hält, um Druck auf die EU auszuüben. So könnte die Regierung in Budapest beispielsweise alle Entscheidungen blockieren, für die in der EU Einstimmigkeit erforderlich ist. Das gilt zum Beispiel für Sanktionen gegen Russland oder Beschlüsse zur Unterstützung der Ukraine.
Ungarns Justizministerin: Alle Verpflichtungen werden vollständig erfüllt
Wegen Korruption und anderer Verstöße gegen den Rechtsstaat in Ungarn hatte die EU-Kommission im September vorgeschlagen, dem Land vorerst Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen. Ungarn sagte daraufhin Abhilfemaßnahmen zu, die das Verfahren stoppen sollten.
Trotz Anti-Korruptions-Maßnahmen: EU will Ungarn 7,5 Milliarden Euro streichen

European Union
Hintergründe
Verstöße gegen Rechtsstaatlichkeit: EU-Kommission will Zahlungen aus EU-Haushalt an Ungarn aussetzen
Brüssel,- Die EU-Kommission hat einen Vorschlag vorgelegt, um den EU-Haushalt und die finanziellen Interessen der Europäischen Union vor Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn zu schützen. Es geht darum, Zahlungen in Milliardenhöhe aus dem EU-Haushalt an Ungarn auszusetzen. Es ist das erste Mal, dass die EU-Kommission einen solchen Vorschlag im Rahmen der Konditionalitäts-Verordnung unterbreitet. Die Minister der EU-Mitgliedstaaten im Rat der EU haben nun einen Monat Zeit, um mit qualifizierter Mehrheit über eine Annahme des Vorschlags zu entscheiden
EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn sagte nach der Kommissionssitzung in Brüssel: „Der heutige Beschluss ist ein klarer Beleg für die Entschlossenheit der Kommission, den EU-Haushalt zu schützen und für dieses wichtige Ziel alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen.“
Intensiver Dialog mit Ungarn
Dieser Schritt folgt einem intensiven Dialog zwischen der Kommission und den ungarischen Behörden in den vergangenen Monaten. Ungarn hat dabei eine Reihe von Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen, um die Bedenken auszuräumen, die die Kommission bei der förmlichen Einleitung des Verfahrens am 27. April dieses Jahres zum Ausdruck gebracht hatte.
Die Kommission hat in einem Schreiben an Ungarn die Maßnahmen dargelegt, die sie dem Rat vorzuschlagen beabsichtigt. Ungarn hat am 22. August schriftlich über die Abhilfemaßnahmen informiert, ergänzt durch zusätzliche Klarstellungen in einem Schreiben vom 13. September.
Abhilfemaßnahmen vorgelegt, Risiken bestehen aber derzeit noch
Die Kommission hat die Antwort Ungarns eingehend geprüft, insbesondere daraufhin, ob die Abhilfemaßnahmen den ursprünglichen Feststellungen der Kommission angemessen Rechnung tragen. Angemessene Maßnahmen müssten den Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und/oder den Risiken, die sie für den EU-Haushalt und die finanziellen Interessen der Union erzeugen, ein Ende setzen.
Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen grundsätzlich die vorliegenden Probleme lösen könnten – wenn sie in den einschlägigen Gesetzen und Vorschriften im Einzelnen ordnungsgemäß festgelegt und entsprechend umgesetzt werden.
Bis die wichtigsten Umsetzungsschritte durchgeführt sind, geht die Kommission davon aus, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Risiko für den Haushalt fortbesteht. Dies erklärt den heutigen Beschluss und die vorgeschlagenen Maßnahmen, die auch die von Ungarn vorgelegten Abhilfemaßnahmen berücksichtigen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlägt die Kommission folgende Maßnahmen vor:
- 65 Prozent der Mittelbindungen für drei operationelle Programme im Rahmen der Kohäsionspolitik werden ausgesetzt;
- Es dürfen keine rechtlichen Verpflichtungen mit gemeinnützigen Treuhandstellen eingegangen werden im Rahmen von Programmen, die in direkter und indirekter Mittelverwaltung durchgeführt werden.
Weitere Schritte
Der Rat hat nun einen Monat Zeit, um mit qualifizierter Mehrheit über die Annahme solcher Maßnahmen zu entscheiden. Diese Frist kann unter außergewöhnlichen Umständen um höchstens zwei Monate verlängert werden.
In der Zwischenzeit wird die Kommission die Lage beobachten und den Rat über alle relevanten Elemente unterrichten, die sich auf ihre bestehende Bewertung auswirken könnten. Ungarn hat sich verpflichtet, die Kommission bis zum 19. November umfassend über die Erfüllung der wichtigsten Umsetzungsschritte zu unterrichten.
Hintergrund
Die Verordnung über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der UnionDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenDE••• gewährleistet den Schutz des EU-Haushalts in Fällen, in denen Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit die wirtschaftliche Führung des Haushalts der Union oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union hinreichend unmittelbar beeinträchtigen oder ernsthaft zu beeinträchtigen drohen. Sie findet seit Januar 2021 Anwendung. Seitdem beobachtet die Kommission die Lage in den EU-Ländern und trägt einschlägige Informationen zusammen.
Am 2. März 2022 nahm die Europäische Kommission ihre Leitlinien über die allgemeine KonditionalitätsregelungDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenDE••• an. In den Leitlinien wird ausführlich erläutert, wie die Kommission die Verordnung anwenden wird und wie die Rechte der Endempfänger und Begünstigten von EU-Mitteln geschützt werden.
Das Verfahren im Falle Ungarns ist das erste im Rahmen der Verordnung. Die Kommission überwacht weiterhin Informationen aus allen einschlägigen Quellen, um mögliche relevante Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit zu ermitteln.
Weitere Informationen:
Vollständige PressemitteilungDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenDE•••
Quelle/eu/germany.representation.ec.europa.eu/dpa.de
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